Ein Text mit Blähungen – was Füllwörter anrichten
Als Lektor stoße ich oft auf Füllwörter. Das sind in der Regel verzichtbare Wörter, die eine Aussage unnötigerweise aufblähen, verstärken, verallgemeinern oder relativieren. Autorinnen und Autoren darauf achten, Füllwörter zu vermeiden beziehungsweise sie nicht zu oft zu wiederholen. Schauen wir uns ein paar dieser Füllwörter einmal an.
eigentlich
„Eigentlich“ ist ein sehr spannendes Wort, das bei Schreiberlingen als unnötiges Füllwort verpönt ist, aber durchaus seine verschiedenen Bedeutungen hat. Es wird als Adjektiv oder Adverb eingesetzt und bedient drei wesentliche Aussagen.
- Zum einen hat es die Bedeutung von „in Wirklichkeit“, „hauptsächlich“ oder „wahrhaftig“. Beispiel: „Der eigentliche Grund für dieses Unterfangen ist …“.
- Zum anderen wird es subtiler als Ersatz für Wörter wie „schon“ verwendet, zieht dann aber oft eine Relativierung oder Verneinung nach sich. Beispiel: „Mir gefällt deine Idee eigentlich gut.“ Da schließt sich dann häufig die Gegenfrage „Und uneigentlich?“ an.
- Die dritte Bedeutung ist ein Ersatz für Begriffe wie „denn“ oder „überhaupt“. Beispiel: „Was machst du da eigentlich?“
Wenn man sich das alles ganz genau zu Gemüte führt, bleibt trotzdem festzuhalten: Eigentlich (im ersten Wortsinn) kann man dieses Wort (fast) immer weglassen. Interessant ist die Frage, wo das Wort ursprünglich herkommt. In leicht abgewandelter Form – eigenlich (ohne t) – gab es den Ausdruck schon im Mittelhochdeutschen, dort aber eher in der Bedeutung von eigentümlich, eigen, leibeigen oder ausdrücklich.
auch
Ein beliebtes Wort, welches sich häufig in Texte einschleicht, ist das „auch“. Das liegt auch (mögliche Alternative: unter anderem) daran, dass das Wort verschiedene Bedeutungen hat. Zu den beiden häufigsten gehören diejenigen, die sich durch die Synonyme gleichfalls und zusätzlich beschreiben lassen. Fünf mögliche Synonyme für die erste Bedeutung sind: ebenfalls, ebenso, gleichfalls, gleichermaßen und desgleichen. Fünf weitere Synonyme für die zweite Variante sind: außerdem, zusätzlich, dazu, weiterhin und ferner. Zugegebenermaßen wirken die Alternativen ein wenig gestelzt und sind mündlich eher selten in Gebrauch. In schriftlichen Texten wirken sie in meinen Augen aber elegant.

aber
„Aber“ ist ein Wort, das eine andere Facette, einen Einwand oder einen Widerspruch andeutet. Es wird sehr häufig verwendet, obwohl es etliche Möglichkeiten gibt, Ersatzbegriffe zu verwenden. Zu diesen gehören jedoch, im Gegensatz dazu, allerdings, indes, demgegenüber, hingegen, etc. Welcher Ersatz letztendlich am besten klingt, hängt immer auch vom Kontext ab. Schaut man sich viele Satzkonstruktionen an, fällt auf, dass das Wort tatsächlich sehr oft weggelassen werden kann, ohne dass sich die Bedeutung der Formulierung ändert.
kann / können
Die Verwendung von Hilfsverben ist häufig überflüssig. Das beste Beispiel hierfür ist „können“. Vergleicht diese beiden Sätze: „Ich kann das nicht erkennen.“ und „Ich erkenne das nicht.“ Erkennt ihr einen Unterschied im Sinn? Nein? Das ist gut, denn es gibt keinen.
Welche Füllwörter gibt es noch?
Es gibt zu viel zu viele. Beispiele für Füllwörter sind doch, gleich, zumindest, wohl, erstmal, sicherlich, durchaus, schon, etwa, bloß, eben. Wer genau mitgelesen hat, wird feststellen, dass ich in den oberen Abschnitten das eine oder andere Füllwort verwendet habe, obwohl ich grundsätzlich für ein Weglassen plädiere. Durchaus und zumindest gehören zu meinen bevorzugt eingesetzten Füllwörtern. Ich spreche mich nicht davon frei, komplett füllwortfrei zu schreiben, es darf nur nicht überhandnehmen. Wer nicht darauf verzichten kann, sollte durch den Gebrauch von Synonymen für Abwechslung sorgen.
Finaler Tipp: Probiere eine leichte Übung
Ich gebe Coachings für belletristisches Schreiben. Eine der einfachsten Übungen, die ich mit meinen Coachees zum Einstieg mache, ist die Suche nach Synonymen, nicht nur für Füllwörter, sondern ebenso für andere Begriffe. Wenn dir auffällt, dass du ein Wort besonders oft verwendest, dann schreib dir dieses Wort auf und überlege dir andere Begriffe mit der gleichen Bedeutung, deren Verwendung mindestens genauso gut klingt.

Ich bin freiberuflicher Ghostwriter und Lektor für Texte vom Roman über die Biografie und den Blogbeitrag bis zum Sachbuch oder Werbetext. Außerdem betätige ich mich als Coach für wissenschaftliches Arbeiten. Als promovierter Naturwissenschaftler (Chemiker) sind mir Struktur und Genauigkeit bei Texten aller Art wichtig. Aus meiner 20jährigen Berufserfahrung als Führungskraft und Projektleiter in der High-Tech-Industrie, die zeitweise auch Marketing-Aufgaben beinhaltete, weiß ich: Es braucht immer auch Storytelling, um eine Zielgruppe für ein Thema zu interessieren.